Was viele große, erfolgreiche Geister auszeichnet, vor allem die Mönche, Philosophen, Forscher, Wissenschaftler, Künstler, die steinalt werden: Bis ins hohe Alter bleiben sie neugierig. Der amerikanische Psychologieprofessor Todd Kashdan von der George Mason Universität fand heraus, dass neugierige Menschen schneller und leichter Kontakt zu anderen finden. In der Folge hatten sie nicht nur mehr Freunde und ein stabileres Netzwerk – sie waren auch glücklicher und besaßen mehr Lebenszufriedenheit.
Was schon Kinder beim Lernen beflügelt, hat diese Menschen Zeit ihres Lebens lebendig gehalten. Viele Menschen wünschen sich, faul unter Palmen zu liegen und den lauen Lufthauch zu genießen. Doch kaum jemand hält dies länger als drei Wochen aus – auch nicht, wenn kein Arbeitsplatz ruft. Irgendwie wird Mensch dann unruhig, neugierig, unternehmensdurstig. Neugier ist wohl die stärkste Voraussetzung für Zufriedenheit und ein wichtiges Indiz für psychische Gesundheit, sie ist das pure Gegenteil von Depression und Burnout. Psychische Wohlbefinden heißt: „nicht vorwiegend mit sich selbst beschäftigt sein“.
Dass der Mensch von Neugier getrieben ist, macht evolutionären Sinn. Um zu überleben, müssen wir nach dem Ausschau halten, was neu, anders, überraschend ist. Neugier verschafft uns einen Vorsprung an Wissen – und genau deshalb ist sie ein von innen kommender lustvoller Trieb. Neugier, so haben Forscher herausgefunden, verschafft unserem Gehirn einen Dopamin-Stoß . Dopamin – die „Lustchemikalie“ – ist vor allem dann im Spiel, wenn der Mensch eine mögliche Belohnung wittert und wenn der Organismus sich angesichts einer neuen Situation auf eine passende Handlung vorbereiten muss. Thomas Hobbes nannte die Neugier eine „geistige Lust“, Sigmund Freud „Wissensdurst“. Neugier gibt vielen Menschen einen Kick. Und sie gilt als Karriere-Bonus: In Start-ups ist Entdeckertrieb erwünscht. Zumindest im Westen setzt man Neugier mit Fortschritt und Intelligenz gleich. In Studien fand man heraus, dass Neugier genauso wichtig ist wie Intelligenz, wenn es darum geht, knifflige Aufgaben zu lösen. Weniger intelligente Studenten, die überdurchschnittlich neugierig waren, erzielten genauso gute Noten wie normal neugierige, aber besonders intelligente Studierende.
Wir gewöhnen uns allerdings sehr schnell an die Dinge, die uns glücklich machen, wie gutes Essen, Unterhaltung, Vergnügen und Spaß aller Art. Deshalb ist der Schlüssel zur Zufriedenheit – scheinbar paradox – eine innere Unruhe: die unstillbare menschliche Lust auf Neues. Und das Gehirn liebt es, die Wahl zu haben: Je mehr Alternativen, desto besser.
Mit zunehmendem Alter verlieren viele Menschen ihre Neugier. Sie wissen zwar auch immer mehr, werden aber dadurch erst klug, dann altklug und schließlich selbstgefällig – und verbauen sich so zahlreiche Chancen und nicht zuletzt die eigene Persönlichkeits-Entwicklung. Herausforderungen, ein turbulentes Leben, Abenteuer – das verheißt allerdings nicht nur Spaß, sondern auch Ungewissheiten, Risiken, Gefahren, Fehler, Versagen. Neugier erzwingt Flexibilität und trainiert Anpassungsfähigkeit. Nicht alle wollen das.
Wann waren Sie das letzte Mal so richtig neugierig? Neugierig darauf, herauszufinden, wie etwas neu Gelerntes im Alltag funktioniert? Neugierig, was für verborgene Talente in Ihnen schlummern und wie man die wecken könnte? Wann haben Sie das letzte Mal einen interessanten Menschen zum Essen eingeladen, weil Sie im Gespräch mehr über diese Person herausfinden wollten? Denken Sie daran, dass auch Ihre Kunden neugierig sind und deshalb dankbar sind für neue Produkte, neue Lösungsmöglichkeiten, neue Unterstützung und neue Informationen.